Von Claudia Dankl
In Österreich sind Bauträger – unabhängig von der Lage und von der Entfernung zu Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs – dazu verpflichtet, Pkw-Stellplätze im Zuge von Bauprojekten zu errichten. Zu diesem Thema fand am 28. Oktober 2015 ein ÖGUT-Themenfrühstück statt, bei dem auch der druckfrische klimaaktiv Leitfaden für Umweltfreundliches Parkraummanagement vorgestellt wurde. Für die Stellplatzvorschreibung gibt es keine bundesweite Regelung, sondern im Regelfall sind es die Bundesländer, die die Anzahl an Pkw- und zum Teil auch an Fahrradstellplätzen vorgeben bzw. diese Kompetenz wiederum an die Gemeinden abtreten können. Wird die Stellplatzvorschreibung seitens der Bauherren nicht erfüllt, sehen viele Länder eine Ausgleichsabgabe vor. Für die Bauträger kommt sowohl die Errichtung von Stellplätzen, die insbesondere im beschränkten urbanen Raum oftmals in Form von Tiefgaragen erfolgen muss, als auch die Entrichtung der Ausgleichsabgabe teuer.
Hier bestehen massive Einsparungspotenziale: Die Richtlinien für Verkehrs- und Straßenwesen, die allerdings nicht rechtsverbindlich sind, gehen mit einer differenzierteren Methode an das Thema des ruhenden Verkehrs heran: nicht eine Mindestanzahl an Pkw-Stellplätzen wird vorgeschrieben, sondern nach Erhebung des tatsächlichen Modal Split eine Maximalanzahl an Stellplätzen vorgesehen.
Die verpflichtende Errichtung von Stellplätzen führt dazu, dass der Pkw in vielen Fällen das Verkehrsmittel erster Wahl bleibt, obwohl die erforderlichen Strecken genauso mit Verkehrsmitteln des Umweltverbundes – mit Öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Rad – zurückgelegt werden könnten. Der Status quo des Mobilitätsverhaltens wird auf einem – aus Sicht von CO2-Emissionen, Lärmbelastung und Luftverschmutzung – nicht wünschenswertem Niveau einzementiert.
Dass es auch anders geht, zeigen nationale und internationale Beispiele:
Wer sich in einer japanischen Stadt ein Auto kaufen will, muss davor nachweisen, dass für das Auto ein Stellplatz vorhanden ist; Dauerparken im Öffentlichen Raum ist nicht möglich. Dieses Prinzip ist insofern wichtig, als der öffentliche Raum auch viele andere Funktionen zu erfüllen hat, als Abstellfläche für private Pkws zu sein. Viel Fläche stünde als Bewegungs- und Spielraum zur Verfügung, würde sie nicht von abgestellten Autos in Anspruch genommen. Einen Ausweg bietet die Errichtung von Sammelgaragen, die ein flächeneffizienteres Abstellen von Pkws ermöglicht. Damit wird auch der Weg zum Pkw länger, idealerweise gleich lang wie zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels, was wiederum die Verkehrsmittelwahl beeinflussen kann.
Langfristig kann man davon ausgehen, dass sich insbesondere in Städten das Mobilitätsverhalten ändern wird. Immer weniger junge Leute machen den Führerschein und werden in Zukunft ein Auto besitzen, insbesondere wenn Strecken auch mit dem Öffentlichen Verkehr oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können. Auch aus diesem Blickwinkel sind Sammelgaragen zu befürworten, da sie – wenn sie in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr gebraucht werden sollten – besser umgenutzt werden können als beispielsweise Tiefgaragen. Hochbauten können auch leichter abgerissen und die Flächen einer anderen Nutzung zugeführt werden.
Das Prinzip der Sammelgaragen wird in vielen modernen Stadtentwicklungsprojekten umgesetzt, wie auch in der Seestadt Aspern in Wien. So lang es StadtbewohnerInnen allerdings als Grundrecht betrachten, ihr privates Auto im öffentlichen Raum für eine vergleichsweise geringe Gebühr abzustellen, bleiben die aus fachlicher Sicht gut argumentierbaren Garagenplätze aufgrund des Preises oftmals ein Ladenhüter. Häufig umgesetzt wird derzeit auch die Einrichtung von Mobilitätsfonds im Zuge von Bauprojekten; diese Fonds können ebenfalls den Shift weg vom Garagenbau hin zu nachhaltiger Mobilität unterstützen.
Immer mehr Städte gehen dazu über, den öffentlichen, verparkten Raum wieder den Menschen, also etwa FußgängerInnen, RadfahrerInnen, spielenden Kindern oder Sportausübenden zu widmen. Der vom Kopenhagener Architekturbüro Gehl Architects umgestaltete Times Square in New York ist ein Beispiel dafür. Die Autofreiheit konnte anfangs nur unter der Prämisse durchgesetzt werden, dass es sich um eine temporäre Maßnahme handelt. Mittlerweile wurde der Platz von den FußgängerInnen zurück erobert. Ein Fazit: Für eine zukunftsweisende Entwicklung der Mobilität ist es wichtig, das Bewusstsein der Menschen dafür zu schärfen, dass Mobilität eine Dienstleistung ist, für deren Erbringung es unterschiedliche Möglichkeiten gibt und die nicht – wie die verpflichtende Errichtung von Pkw-Stellplätzen pro Wohneinheit suggeriert – mit dem Auto erfolgen muss! Und: ein attraktives Angebot für den Umstieg zu schaffen!