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von Nicole Kajtna
Die persönliche Kaufentscheidung auf Basis von ökologischen und sozialen Kriterien treffen – für immer mehr KonsumentInnen ein wichtiger Impuls. Aber wie sind solche Produkte sicher erkennbar? Z.B. durch staatlich geprüfte Gütesiegel – sie genießen hohes Vertrauen bei den VerbraucherInnen und schaffen Orientierung, indem sie über den Mehrwert nachhaltiger Produkte informieren.
Das bekannteste Umweltgütesiegel in Österreich ist das Österreichische Umweltzeichen, das mehr als 3.200 Produkte und Dienstleistungen mit ökologischem Mehrwert kennzeichnet. Seit einem Jahr gibt es auch eine Richtlinie für nachhaltig produzierte Schuhe und seit kurzem ist das erste Paar zertifizierter Schuhe im Handel erhältlich. Wir sind damit einen Schritt weiter als das deutsche Umweltzeichen „Blauer Engel“, für das sich noch kein geeignetes Paar Schuhe fand, das den Kriterien entspricht, hier wurden bisher lediglich Einlegesohlen zertifiziert.
In Österreich werden jährlich rund 50 Millionen Paar Schuhe verkauft. Die Lederschuhe werden zu mehr als 75 % in Asien produziert. Aus Indien stammen die meisten Schuhe für den österreichischen Schuhmarkt. Und da herrschen „unsichere, krankmachende Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzung“ in der Schuhproduktion vor, wie Südwind in seiner aktuellen Publikation recherchiert hat.
Vor allem der Einsatz von Chrom zur Gerbung des Leders führt in Asien zu massiven Umwelt- und gesundheitlichen Problemen und ist in seiner sechswertigen Form nachweislich krebserregend. Beim Tragen solcher Schuhe ist die Entwicklung einer Chromallergie möglich. 95 % unserer im Handel befindlichen Lederschuhe wurden mit Chromsalzen gegerbt.
Mit dem Wissen, unter welchen Bedingungen Schuhe produziert werden und welche gesundheitsschädlichen Chemikalien dabei zum Einsatz kommen, wäre es somit höchste Zeit für nachweislich nachhaltig produzierte Schuhe im Handel!
Das Österreichische Umweltzeichen setzt mit der Richtlinie UZ 65 neue Standards für die Schuhproduktion: Besonders hervorzuheben sind das absolute Chromverbot für die Ledergerbung und die Verpflichtung, entlang der gesamten Produktionskette soziale Mindeststandards einzuhalten.
Push und Pull Strategien sind vor allem aus dem Bereich des Marketings bekannt. Überträgt man das Prinzip auf Gütesiegel, heißt das im Wesentlichen, dass Gütesiegel zunächst die Aufmerksamkeit auf bislang unbekannte Zusammenhänge und auf negative Effekte bestimmter Produktionsweisen oder Materialien lenken (Push Strategie), in diesem Fall der Produktionskette von Schuhen, und so eine Sensibilisierung der KonsumentInnen erreichen. In weiterer Folge kommt die Pull-Strategie zur Wirkung, die auf das Kaufverhalten abzielt: Sensibilisierte KonsumentInnen üben Druck auf den Handel aus, indem die Kundin/der Kunde das Produkt, z.B. chromfrei gegerbte Schuhe, konkret nachfragt. Bei entsprechender Nachfrage wird der Handel geradezu gezwungen, – in diesem Fall – nachhaltig produzierte und zertifizierte Schuhe in seinem Sortiment zu führen.
Das Thema Schuhe umfasst einen sehr großen Konsumgüterstrom – jede Österreicherin/jeder Österreicher kauft sechs Paar Schuhe im Jahr! Die Produktionskette ist gekennzeichnet von gesundheitsbedrohlichen Arbeitsbedingungen, die Produkte sind zu einem großen Teil gesundheitlich bedenklich, die Umweltauswirkungen der Produktion durch fehlende Gesetzgebung und ökologische Standards in den Herstellerländern massiv, in der Entsorgung gibt es noch kaum Recyclingansätze. Gleichzeitig stellen Schuhe einen Bereich dar, in dem Einschränkungen an Design, Funktionalität, Material- und Farbvielfalt bei gleichzeitig höheren Preisen derzeit für viele KonsumentInnen undenkbar sind. Das Fehlen von angreifbaren Alternativen zum konventionell hergestellten Schuh ist die größte Hürde beim Übergang von der Push- zur Pull-Strategie. Die ÖGUT will einen Beitrag zur Überwindung dieser Hürde leisten. Konkret haben wir mit dem Umweltministerium als Träger des Umweltzeichens versucht, die Stakeholder, Handel und Hersteller, an einen Tisch zu bringen. Im Zuge von Informationsveranstaltungen für den österreichischen Schuhhandel und SchuhproduzentInnen wurde die neue Richtlinie für nachhaltige Schuhe einem breiten Fachpublikum vorgestellt und diskutiert. Überraschend für uns war, dass das Thema nicht nur von den Stakeholdern sehr interessiert aufgenommen wurde (wenn auch wie erwartet mit vielen Fragezeichen und Skepsis), sondern auch außerhalb der Fachcommunity auf breite Resonanz stieß, u.a. wurde das Thema in einem ORF-Beitrag aufgegriffen. Fest steht: hier gibt es noch viel zu tun, bevor Konsumentinnen und Konsumenten ihren Schuheinkauf vermehrt kritisch hinterfragen.
victor sagte:
Sehr Guter Artikel