
Die Tage der fossilen Gasheizung sind gezählt, genauer gesagt die Jahre. In 19 Jahren, also 2040, darf gemäß aktuellem Regierungsprogramm kein fossiles Erdgas mehr durch die Leitungen fließen. Was sind die Alternativen? Und wer ist für den Umstieg verantwortlich? Im ersten Teil der Serie über die Zukunft des Heizens in der Stadt zeigen wir, welche fossilfreien Heizmöglichkeiten es in der Stadt gibt.
Im zweiten Teil gehen wir dann konkret darauf ein, was bei einer Haussanierung beachtet werden muss.
Teil Drei widmet sich schließlich den Anergienetzen und gibt Ausblicke in die Zukunft.
Es ist grundsätzlich möglich, so genanntes „grünes Gas“ aus Biogas oder Strom herzustellen. Aufgrund der beschränkten natürlichen Ressourcen wird das in Österreich erzeugbare Gas aber vor allem für Hochtemperaturanwendungen, also industrielle Prozesse gebraucht werden und im Vergleich zum heutigen Gaspreis wesentlich teurer sein. Das belegt auch eine Studie der Austrian Energy Agency mit dem Fazit, dass aus österreichischer Produktion kein grünes Gas für Gebäudeheizungen übrig bleiben wird. Die Folge: für die Gebäudeheizung brauchen wir künftig also andere Heizsysteme! Aber welche?
Lieber jetzt statt morgen handeln – 19 Jahre Übergangsfrist sind kürzer als gedacht
Für die Investition in Heizanlagen sind in der Regel die Hauseigentümer*innen verantwortlich. Und die sollten spätestens jetzt reagieren: Erdgaskessel haben üblicher Weise eine Lebenszeit von 20 Jahren. Wer also jetzt noch neue Erdgaskessel einbaut, muss in 19 Jahren, wenn die Frist für fossiles Erdgas abgelaufen ist, möglicher Weise noch funktionstüchtige Erdgaskessel austauschen. Zum anderen bestimmt die Vorlauftemperatur des Heizsystems die Möglichkeiten, womit man künftig überhaupt heizen kann. Werden also nach einer Sanierung beispielsweise Heizkörper mit hoher Vorlauftemperatur eingebaut, so verhindert das eine spätere Umstellung auf ein effizientes Wärmepumpensystem.
Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Möglichkeiten eines nachhaltigen Heizsystems einer Immobilie abzuwägen und schon heute die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.
Fossilfreies Heizen in der Stadt – das sind die Möglichkeiten
In welchem Ausmaß Städte künftig nachhaltige Wärme für Haushalte bereitstellen können ist schwer einschätzbar.
Biomasse:
In der Stadt mit Biomasse wie z.B. Pellets oder Hackschnitzel zu heizen, ist nur eingeschränkt möglich. Im dichtverbauten Gebiet ist meist wenig Platz für die benötigten Brennstofflager und die Anlieferung/Zufahrt per LKW erweist sich oft als schwierig.
Fern- und Nahwärme:
In zahlreichen Städten gibt es Fern- oder Nahwärmenetze. Insbesondere in den größeren Städten wie Wien, Linz oder Salzburg stammt ein großer Teil der Fernwärme aus fossilen Quellen. In Wien etwa kommt der größte Teil der Wärme aus der Abwärme der Stromerzeugung durch Erdgaskraftwerke. Da deren Einsatz aber immer mehr durch Wind- und PV-Strom ersetzt wird, braucht man andere erneuerbare Wärmequellen. Das Angebot an erneuerbarer Fernwärme wird in Zukunft beispielsweise davon abhängen, im welchem Ausmaß in den Städten Biomasseheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung errichtet werden können, um den Strombedarf im Winter zu decken.
Inwieweit es im Umkreis von Wien Tiefen-Geothermie in einigen tausend Meter Tiefe zur Einspeisung von Wärme in das Fernwärmenetz gibt, wird derzeit im Projekt „Geotief“ untersucht. Auch dies wäre eine zukünftige Wärmequelle. Welcher Anteil der Fernwärme durch Tiefen-Geothermie in Wien ersetzt werden kann, ist derzeit noch nicht absehbar.
Aus heutiger Sicht wird es für die Betreiber der Fernwärmenetze eine große Herausforderung, die bereits heute angeschlossenen Fernwärmekunden gänzlich zu 100 % mit Energie aus erneuerbaren Wärmequellen zu versorgen. Künftige neue Wärmekunden machen diese Aufgabe noch schwieriger.
Wärmepumpen:
Wärmepumpenheizungen haben in der Stadt überall dort ihren Platz, wo Biomasse nicht möglich und Fernwärme nicht verfügbar ist. Für die Nachhaltigkeit ausschlaggebend ist, dass Wärmepumpen effizient heizen. Das heißt, dass zur Erzeugung der Wärme möglichst wenig Strom für den Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird. Systeme mit Erdwärmesonden, die im Sommer wieder regeneriert werden, können mit 1 kWh Strom bereits 6 kWh Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugen.
Grundwasserwärmepumpen sind in Städten, wo Grundwasser genutzt werden kann, eine kostengünstige und einfache Heizform. Luftwärmepumpen sind bei niedrigen Lufttemperaturen nicht mehr effizient und benötigen gerade dann viel Strom, wenn bereits ein sehr hoher Strombedarf besteht. In der Stadt ist die Lärmentwicklungen der außenliegenden Lüfter immer wieder eine Herausforderung bei der Planung, sodass Luftwärmepumpen in der Stadt schnell an ihre Grenzen stoßen.
Ausblick auf Teil zwei der Serie: Was tun bei einer bevorstehenden Haussanierung?
Befindet sich im Haus noch eine bestehende Erdgas- oder Erdölheizung, sollten Sie vorausschauend handeln und unbedingt auch einen Wechsel des Heizsystems in Betracht ziehen.
Gasheizung ade – Teil 2 der Serie zu: Wie heizen wir morgen in der Stadt? Die Haussanierung. | ÖGUT Weblog
Im dritten Teil geht es um Anergienetze, also den Zusammenschluss mehrerer Gebäude zu einem Verbund bei der Wärmeversorgung.
Astrid Tikal sagte:
Erdgas ist doch wirklich nicht so umweltschädlich, wo werden denn die Ersatzbrennstoffe hergenommen? Hackschnitzel – gibt es nur beschränkt, Windstrom – verbetonieren wir jetzt alle Flächen? (für Strom werden jetzt alle Wiesen mit Photovoltaikanlagen versehen? Frida for future ist gut, aber mit Verstand!) Das ist nicht bedacht, eine langsame Reduzierung wäre nachhaltiger und vernünftig
oegut sagte:
Liebe Astrid Tikal,
danke für Ihren Kommentar!
Die Verwendung von Erdgas (Methan-CH4) wirkt stark klimaschädigend. Einerseits durch das CO2, das durch die Verbrennung von Erdgas entsteht. Und andererseits durch das Entweichen einer beträchtlichen Menge von Methan bei Bohrung, Förderung, Pipelinetransport wie auch in den Hausleitungen. Es geht also aus ökologischen Gründen kein Weg an einer Ablöse von Erdgas vorbei.
Die Lösung bei den Gasheizungen liegt darin, dass einerseits der Energieverbrauch verringert wird (Wärmedämmung, Fenstertausch, etc.,) und andererseits der verbleibende Wärmebedarf auf Erneuerbare Energien umgestellt wird. In ländlichen Gebieten sind dies z.B. Pelltes- und Hackschnitzelheizungen oder Wärmepumpen, in der Stadt Fernwärme und Wärmepumpensysteme.
Über die Möglichkeit von Wärmepumpensystemen in der Stadt durch Anergienetze geht es im dritten Teil dieser Serie. Mit solchen Anergie-Wärmepumpensystemen können mit 1 kWh Strom 6 kWh Wärme erzeugt werden. Damit hält sich der Stromverbrauch in Grenzen und kann auch in Zukunft durch erneuerbare Energien gedeckt werden.
Viele Grüße, Gerhard Bayer (ÖGUT)
W. Prutsch sagte:
Ihre Empfehlungen dann in der Praxis – vielleicht mal in Graz den „Plusenergieverbund Reininghaus Süd“ evaluieren?
oegut sagte:
Hallo! Danke für Ihr Kommentar. Wenn sich eine Evaluierung im Rahmen eines Projektes ergibt, machen wir das gerne, danke für den Hinweis.
Viele Grüße, Gerhard Bayer (ÖGUT).