von Franziska Trebut

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Runter vom Gas sollten wir nicht nur beim Individualverkehr, sondern auch bei der Heizung. Die „Raus aus Öl“-Aktion des Bundes fördert auch den Ausstieg aus Gas. Für die notwendige Wärmewende braucht es allerdings mehr als das Engagement einzelner privater Gebäudeeigentümer, argumentiert die ÖGUT-Expertin Franziska Trebut im Weblog-Beitrag.
Vor wenigen Tagen ist die Sanierungs-Offensive des Bundes gestartet. Corona-bedingt wurde sie etwas später auf den Weg gebracht als in den Vorjahren, hält aber wieder die weitgehend bekannten Förderanreize bereit. Auch die erfolgreiche Förderaktion „Raus aus Öl“ gibt es erneut. Der Name ist Programm, könnte man meinen. Doch bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass „Raus aus Öl“ den Ausstieg aus allen fossilen Heizsystemen fördert, also auch den Wechsel von Kohle oder Gas auf erneuerbare Wärmeversorgung.
Dass mit „Kohle“ in der Überschrift nur wenige potenzielle FördernehmerInnen hinter dem Ofen hervorzulocken sind, ist verständlich. Warum aber wird der Ausstieg aus Gas so wenig thematisiert? Knapp ein Viertel aller Hauptwohnsitze in Österreich werden über Gas geheizt, 16 Prozent mit Heizöl oder Flüssiggas (Statistik Austria für das Jahr 2017/18). Und in den Städten mit gründerzeitlichem Bestand liegen diese Zahlen noch stärker auseinander: In Wien beispielsweise heizen rund 45 Prozent mit Gas und nur 1,5 Prozent mit Öl/Flüssiggas. Der Ausstieg aus der Gasversorgung würde also ungleich mehr Menschen betreffen als der Ausstieg aus Öl – doch aktiv kommuniziert wird dies kaum.
Hohe Investitionen in das Gasnetz
Vielleicht, weil es sich hier um eine sehr viel komplexere Materie handelt. Über die Frage des Umgangs mit dem gasversorgten Gebäudebestand herrscht bei weitem nicht jene Einigkeit, die beim Öl bereits erzielt wurde. Schließlich geht es beim Gas um ein netzgebundenes System, das mit hohen Investitionen errichtet wurde. Je mehr Leute aus diesem Netz aussteigen, desto unrentabler wird da auch die Instandhaltung.
Trügerische Hoffnung auf grünes Gas
Dann gibt es die Diskussion um das grüne Gas: Da wird die Hoffnung genährt, fossiles Gas durch grünes Gas „einfach“ ersetzen zu können. Doch können wir die dafür benötigten Mengen an grünem Gas überhaupt nachhaltig, also „grün“, erzeugen? Wieviel erneuerbaren Überschuss-Strom werden wir zukünftig haben, um daraus Gas zu synthetisieren? Nicht genug, meinen viele Expertinnen und Experten, daher wird die gesamte zukünftige Menge grünen Gases in jenen Sektoren gebraucht werden, die darauf angewiesen sind, beispielsweise in der Industrie oder im Schwerlastverkehr. Die Wärmeversorgung von Gebäuden kann ohne Gas funktionieren.

Die Wärmeversorgung von Gebäuden kann ohne Gas funktionieren – mit Photovoltaik, Wärmepumpen, Geothermie und Solarthermie gibt es genügend alternative Technologien. © Christiane M./Pixabay
Ausreichend Alternativen im Gebäudesektor
Möglich ist das, weil es im Gebäudesektor ausreichend alternative Technologien gibt: Wärmepumpen, Photovoltaik, Geothermie, Solarthermie und als Basis eine hocheffiziente Gebäudehülle. Hier braucht es keine Verbrennungsprozesse zur Wärmeerzeugung!
Allerdings braucht der Umstieg des Gebäudesektors auf diese alternativen Technologien dann natürlich doch auch mehr als das freiwillige Engagement einzelner Privater, das beispielsweise durch den Sanierungsscheck gefördert wird. Gefragt wären die Gemeinden, denn sie müssen so schnell wie möglich Szenarien für die Wärmewende entwickeln, also Ausstiegspläne aus der fossilen Wärmeversorgung erarbeiten.
Ausstiegspläne und Rahmenbedingungen
Gefragt ist auch der Bund, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen setzen muss und sich auch vor Geboten nicht scheuen darf. Gebäude-EigentümerInnen benötigen rasch verlässliche Orientierung für die umfassende und klimaverträgliche Modernisierung ihrer Immobilien. Dann können sie in einem Sanierungsfahrplan die Maßnahmen, die zur Dekarbonisierung bis 2050 nötig sind, sinnvoll planen und umsetzen.
Bundesregierung, Länder und Gemeinden müssen gemeinsam das notwendige Programm klar umreißen und es dann auch beim Namen nennen: „Runter vom Gas“ wäre dabei ein gleichermaßen gutes Motto für den Verkehr und den Gebäudesektor.
ÖGUT-Projekte im Kontext
- Prozessbegleitung der Wärmestrategie-Erarbeitung
- AnergieUrban – Stufe 1: Die Stadt als Energiespeicher
- SMARTBLOCK Step II – Energie, Mobilität, Finanzierung, Kommunikation
- EU-Calculator: Trade-offs und Entwicklungspfade der Dekarbonisierung des Energiesystems
- klimaaktiv Bauen & Sanieren
- „Stadt der Zukunft“ Programm-Management