von Erika Ganglberger, Nicole Kajtna

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Fruchtbares Ackerland ist eine der wichtigsten Ressourcen der Menschheit. Österreich umfasst 84.000 Quadratkilometer, doch nur 37 % davon gelten als besiedelbar bzw. nutzbar für die Landwirtschaft. Das wäre ein guter Grund, mit dieser Lebensgrundlage besonders verantwortungsbewusst umzugehen, sollte man meinen. Doch die Errichtung von Verkehrsanlagen, Industrie, Gewerbe und Siedlungen steht in direkter Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung.
Laut aktuellen Erhebungen des Umweltbundesamts verschwinden in Österreich jeden Tag 20 ha landwirtschaftlich nutzbarer Fläche unter Gebäuden und Straßen. Das entspricht einer Größe von etwa 30 Fußballfeldern.
Darüber hinaus haben auch unsere Ernährungsgewohnheiten direkte Auswirkungen auf den Flächenverbrauch. Zur Ernährung der österreichischen Bevölkerung werden derzeit um etwa 400 m2 pro EinwohnerIn mehr Ackerfläche benötigt als in Österreich vorhanden ist. Die Fläche für die Nahrungsmittelproduktion würde jedoch ausreichen, wenn Herr und Frau Österreicher ihre Ernährung auf mehr pflanzliche Kost und kleinere Fleischportionen (empfohlene Menge 500 Gramm pro Woche) umstellten.
2015 International Year of Soils
Die globale Dimension des Verlusts an fruchtbarem Boden wird uns im UN-Bericht zum Jahresschwerpunktthema „Boden“ vor Augen geführt: Darin wird der jährliche Verlust in der Höhe von 10 bis 17 % des weltweiten Bruttosozialprodukts beziffert. Die verlorenen Werte können Ernteerträge sein, aber zum Beispiel auch sauberes Wasser.
In den letzten Jahren wird auf europäischer Ebene große Hoffnung in erneuerbare Ressourcen (z.B. Holz, Raps, Stroh, aber auch Palmöl und Zuckerrohr) zur energetischen Nutzung, aber auch für die Verarbeitung in der Produktion gesetzt. Damit bekommt der verantwortungsbewusste Umgang mit Boden eine weitere Dimension, denn auch biogene Rohstoffe brauchen für ihr Wachstum Platz, der besonders in den Ländern des globalen Südens durch die Rodung von Urwäldern geschaffen wird.

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Indirekte Bodendegradation: Land Grabbing – Landraub
„Land grabbing“ (grabbing = grabschen, raffen) bezeichnet den Erwerb landwirtschaftlich nutzbarer Flächen in großem Stil durch Investoren. Die Größe dieser Flächen steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Durchschnittsgröße der landwirtschaftlichen Betriebe in der betreffenden Region (FIAN 2010, S.8) – Palmölplantagen in Indonesien oder Zuckerrohranbau in Sierra Leone, das System ist weltweit das Gleiche: Ur- bzw. Regenwälder werden gerodet und endlose Monokulturen entstehen, wobei das Ausmaß von „land-grabbing“ überrascht. Seit dem Jahr 2000 wurden weltweit 200 Mio ha Ackerfläche an Investoren verkauft. Zum Vergleich: Die Ackerfläche in Europa beträgt 170 Mio ha[1].
Während Bodenversiegelung den direkten Verlust an Boden bedeutet, führen Monokulturen, exzessiver Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden sowie fehlende erosionsmindernde Maßnahmen zu Humusabbau und in weiterer Folge zu Bodenerosion und -verlust. Allein in der EU beträgt der jährliche Schaden durch Ernteausfälle, Überschwemmung und Bodendegradation 38 Milliarden Euro. In unseren Zeitdimensionen ist dies ein unwiderrufliches Zerstörungswerk, denn für den Aufbau einer 2,5 Zentimeter dicken Bodenschicht braucht es ein halbes Jahrtausend!
Degradierte Böden verlieren zudem ihre Eigenschaft als CO2-Speicher. Der Boden gilt als der größte CO2-Speicher der Welt. Böden enthalten etwa 2.600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, etwa dreimal so viel wie die Atmosphäre.[2] Global betrachtet entsteht der größte Anteil von Treibhausgasen (34 %) durch den Umbruch von (Regen-)wald zu landwirtschaftlich genutzem Weide- oder Ackerland[3].
Für einen wirksamen Bodenschutz sind daher Anreizsysteme zur Schonung des Bodens notwendig, auf nationalstaatlicher Ebene etwa Abgaben für Neuversiegelungen, Einführung einer Pestizidsteuer, Gebühren auf schwere Landmaschinen, Förderung der biologischen Landwirtschaft und ähnliches. Anfang 2016 soll die europaweite Initiative „People 4 Soil“ starten, um in der EU-Bodenpolitik eine verbindliche Bodenschutzrichtlinie zu erwirken. Unterstützung der Petition wird empfohlen!
In Zusammenarbeit mit der Initiative natürlich weniger Mist (Stadt Wien, MA 22 und MA 48) veranstaltete die ÖGUT im letzten Jahr eine Filmreihe zum Thema „nachhaltig leben“. Im Anschluss diskutierten ExpertInnen am Podium zu den im Film angesprochenen Themen und standen dem Publikum für ihre Fragen zur Verfügung. Diese Filmreihe soll in diesem Jahr fortgesetzt werden.
[1] Brüser, Ch., Langbein K.: „Landraub“, 2015
[2] Richter. A. in: http://science.orf.at/stories/1718390/
[3] Körber, K., Kretschmer, J. (2009): Ernährung und Klima.: Kritischer Agrarbericht 2009: http://www.kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/KAB-2009/vonKoerber_Kretschmer.pdf