von Martina Handler
Die Wende hin zu einem nachhaltigen Lebensstil wird nicht durch Ge- und Verbote gelingen, auch nicht mit dem oberlehrerhaft erhobenen Zeigefinger. Menschen wollen überzeugt werden, nur dann werden sie zu dauerhafter Verhaltensänderung bereit sein. Überzeugen heißt in einen Dialog eintreten, mit den Menschen ins Gespräch kommen.
Was macht unsere Stadt, unser Stadtviertel lebenswert? Wie muss sich unsere Gemeinde verändern, damit wir hier gut leben können und damit Jugendliche nicht abwandern? Wenn wir Menschen miteinander ins Gespräch bringen und sie darüber reflektieren lassen, wie sie gerne leben wollen, wie sie sich ihr Umfeld wünschen und wie dagegen die Realität aussieht, dann wird Veränderungsenergie frei. Und es sprudeln die Ideen. Voraussetzung dafür ist ein gut gestalteter Rahmen, ein Raum, in dem sich Menschen willkommen und ernst genommen fühlen. Und methodisch firme ModeratorInnen, die mit einer wertschätzenden Haltung auf gleicher Augenhöhe die Menschen zu kreativen Erkenntnissen begleiten.
Ein Beteiligungsformat mit enormem Potenzial zur Mobilisierung für den Wandel ist der BürgerInnenrat – von der ÖGUT in vielen Bereichen umgesetzt: in der Stadtplanung, Regionalentwicklung, im ländlichen Raum, zu Gleichstellungsfragen. Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie in einem BürgerInnen-Rat die TeilnehmerInnen eingefahrene Denkbahnen verlassen und im konzentrierten kollaborativen Prozess kreative Lösungen entwickeln. Wesentlich dafür ist die Art der Moderation, die Dynamic Facilitation, die ein besonders achtsames miteinander Arbeiten ermöglicht und die Vielfalt der Gruppe, die durch die Auswahl nach dem Zufallsprinzip entsteht. Nach eineinhalb Tagen verlassen die Menschen den Raum mit einem großen Gefühl der Verbundenheit als Gruppe und dem Wunsch, ihr Umfeld aktiv mitzugestalten. Die Demokratie sähe anders aus, würden solche Prozesse regelmäßig durchgeführt werden.
Beteiligung eröffnet einen Raum für Lernprozesse, für Bewusstseinsbildung. Nachhaltige Konsum- und Nutzungspraxen können verständlich gemacht, in die Sprache der Zielgruppen übersetzt und interaktiv vermittelt werden. Wie oft entfalten sinnvolle technologische Lösungen nicht ihr Potenzial, weil die NutzerInnen nicht „mitgenommen“ werden! Deutlich wird das z.B. bei energieeffizienten Gebäuden. Nur wenn den BewohnerInnen das „System Gebäudetechnik“ in einer auch für LaiInnen verständlichen Art und Weise vermittelt wird, kann die potenzielle Energieeinsparung erzielt werden. Die ÖGUT setzt zu vielen unterschiedlichen Themen Dialogprozesse um – mit viel Know-how für soziale Interaktions- und Gruppenprozesse, für „barrierefreie“ Kommunikation und konstruktive Konfliktlösung.
Wir leben in einer Zeit des Wandels. Veränderungen rufen oft Widerstand hervor. Umso wichtiger: lassen Sie uns darüber ins Gespräch kommen. Im Dialog können unterschiedliche Sichtweisen und Bedürfnisse „verhandelt“ werden, fließt das Wissen der Vielen in Lösungen ein. Und Reden verbindet. Viele Qualitäten, die zu einem guten Leben dazu gehören.

Bürgerinnenrat „Frau sein in Wien“, von Martina Handler und Lisa Purker, im Auftrag der Frauenabteilung der Stadt Wien, moderiert.