von Hannes Warmuth, ÖGUT

Im März 2017 wurde die neue Energieforschungs- und Innovationsstrategie, die von Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) und Klima- und Energiefonds erarbeitet worden war, vorgestellt. Die Strategie ist das Ergebnis eines einjährigen Dialogprozesses: zahlreiche ExpertInnen aus Wirtschaft, Forschung und Verwaltung haben Beiträge geleistet und gemeinsam an der Vision, Österreich zu einem globalen „Innovation Leader“ im Bereich Energietechnologien zu machen, gearbeitet. Die ÖGUT durfte den Prozess sowohl organisatorisch begleiten als auch inhaltlich zur thematischen Schwerpunktfindung beitragen.

Es gibt eine Energieforschungsstrategie aus dem Jahr 2010. Warum braucht es eine neue Strategie?

Es besteht kein Zweifel, dass das gesamte Energieversorgungssystem vor einem tiefgreifenden Wandel steht bzw. dieser bereits begonnen hat. Die seit Jahrhunderten gewachsene — auf fossilen Energieträgern basierende — Energieversorgung ist aus klimapolitischer Sicht nicht mehr tragbar. Das in Paris von 195 Staaten verbindlich beschlossene Ziel, den globalen Temperaturanstieg im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2°C zu begrenzen, stellt in dieser Hinsicht einen historischen Meilenstein dar, den es nun umzusetzen gilt.

Die Forschungs- und Innovationspolitik spielt bei der Gestaltung des Transformationsprozesses hin zu einem postfossilen Energiesystem eine zentrale Rolle. Die Herausforderung besteht darin, trotz laufender Veränderungen (Technologien, Rahmenbedingungen etc.) den Prozess zielgerichtet zu steuern und Handlungsspielräume wirksam zu nutzen.

Im Unterschied zur Strategie aus 2010 bzw. zu vergleichbaren Strategien aus anderen Staaten werden die Herausforderungen und Aufgaben, die mit dem grundlegenden Systemumbau einhergehen, als Chance erkannt und pro-aktive Formulierungen. In der Strategie wird der Versuch unternommen, ein positives Zukunftsszenario (Vision) zu entwerfen und dabei konkrete Handlungsebenen zur Positionierung Österreichs als Innovation Leader zu nennen.

Österreich ist ein kleines Land mit begrenzten Mitteln. Wie soll der Sprung in die Gruppe der Innovation Leader gelingen?

Um sich mit richtungsweisenden Energietechnologien und innovativen Lösungen am Weltmarkt zu behaupten, ist ein systemorientierter Ansatz erforderlich, der sich an den grundlegenden Bedürfnissen bzw. Energiedienstleistungen orientiert. Der folgende Absatz gibt einen Überblick darüber, welche Schwerpunkte und Lösungsansätze in Ergänzung der Strategie von 2010 zur Positionierung beitragen sollen:

  • Erweiterung um den Begriff „Innovation“: Die neue Strategie ist auch eine Innovationsstrategie. Damit wird dem Ziel Rechnung getragen, Ergebnisse der Forschung und Technologieentwicklung stärker in Markteintritte und Markterfolge umzumünzen (Diffusion). Unterstützung für innovative Ansätze bis hin zum erfolgreichen Markteintritt stellt einen wesentlichen Schwerpunkt dar.
  • Von der Einzeltechnologie zum Gesamtsystem: Die neue Strategie zeichnet sich durch eine integrative Perspektive aus, die nicht (nur)auf Einzeltechnologien, sondern auf eine systemische Herangehensweise fokussiert. Die Betrachtung der gesamten energetischen Wertschöpfungskette – von der Primärenergie bis zur Funktionalität  – ist dabei ausschlaggebend.
  • Großformatige Erprobung: Um Einzeltechnologien in Gesamtsysteme zu integrieren, bedarf es vermehrt umfangreicher und auf längere Zeiträume angelegte Entwicklungs- und Testphasen. Dabei müssen neben der Forschungsförderung auch Investitionsförderungen und private Investitionen freigesetzt werden. Das Programm „Vorzeigeregion Energie“ ist ein erster Versuch in diese Richtung.
  • NutzerInneneinbindung: Forschung und Technologieentwicklung müssen bereits von Beginn an Bedürfnisse und Anforderungen von Nutzerinnen und Nutzern mit einbeziehen, wenn Produkte und Dienstleistungen am (globalen) Markt bestehen sollen. Um Innovationsprozesse erfolgreich zu gestalten, müssen Vernetzungsaktivitäten ausgebaut und regionale Ansätze intensiver verknüpft werden.

Mit der Energieforschungs- und Innovationsstrategie wurde ein exzellentes und breit getragenes Fundament für die zukünftige Ausrichtung der Forschungs- und Innovationspolitik gelegt. Innovative Technologien und Lösungen in gesellschaftliche und wirtschaftliche Systeme zu integrieren ist eine gemeinsame Verantwortung aller Player entlang der Wertschöpfungskette sowie einer Politik, die Anreize für zukunftsfähiges Handeln schafft und Entscheidungen unter Berücksichtigung eines langfristigen Horizontes trifft.

Quellen:

  1. Paula, G. Günsberg, H. Steinmüller, et al. (2017): ENERGIE Forschungs- und Innovationsstrategie; Herausgeber: bmvit, Klima- und Energiefonds, Deutsch, 48 Seiten

e2050
https://nachhaltigwirtschaften.at/de/e2050/highlights/energie-forschungs-innovationsstrategie/energieforschungs-und-innovationsstrategie.php