von Volkmar Andreeff, Nicole Kajtna

Anlässlich der Verschärfung der europäischen Luftschutzrichtlinie wurde das EU-Projekt SEFIRA zur sozioökonomischen Analyse der Luftverschmutzung initiiert. Die österreichischen Projektpartner IIASA und die Universität Wien führten eine Messung des Feinstaubs durch, um dessen Entstehungsquellen festzustellen. Die Ergebnisse dieser Messungen wurden den Resultaten einer Umfrage gegenübergestellt, bei der 16.100 EU-BürgerInnen zu ihrer persönlichen Einschätzung der Feinstaubentstehung nach Bereichen befragt wurden:

Zwei maßgebliche Diskrepanzen lassen sich aus dieser Gegenüberstellung ableiten: Zum einem wird die Industrie fälschlich als größter Verursacher seitens der Befragten eingestuft, zum anderen haben die Messungen ergeben, dass der Beitrag des Agrarlebensmittelsektors am stärksten unterschätzt wurde: er verursacht tatsächlich 31,9 % des Feinstaubs und emittiert somit rund 5,4 mal so viel, wie von den Befragten eingeschätzt wurde.

Die Entstehung des Feinstaubs spielt bei seiner Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Dabei wird Feinstaub wie folgt unterschieden:

  • Der sogenannte primäre Feinstaub entsteht direkt bei der Quelle, z.B. durch das Verbrennen von Kraftstoffen.
  • Der sekundäre Feinstaub entsteht durch eine Kombination aus gasförmigen Vorläufersubstanzen (z.B. Schwefel- und Stickstoffoxide, Ammoniak und Kohlenwasserstoffen) in der Atmosphäre und lagert sich dann in Ökosystemen ab.

Primärer Feinstaub wird meistens mit Abgasen von Fahrzeugen und Kraftwerken in Verbindung gebracht wird, daher bleibt die unsichtbare (sekundäre) Feinstaub-Entstehung weitgehend unbeachtet, was die Ergebnisse der Befragung zum Teil erklärt.

Die größte Abweichung zwischen Messungen und Wahrnehmung findet im Agrarlebensmittelsektor statt. Wie entsteht nun eine so große Menge an Feinstaub in diesem Bereich? Dies lässt sich vor allem auf Ammoniak zurückführen, das als gasförmige Vorläufersubstanz für sekundären Feinstaub gilt und vor allem in der Tierhaltung, in geringerem Maße durch die Düngemittelverwendung und durch die Lagerung und Ausbringung von Gärresten der Biogasproduktion in der Landwirtschaft anfällt. Ammoniak entsteht in der Tierhaltung, wenn Harnstoff oder Eiweiß in den Exkrementen der Nutztiere zersetzt wird. Die Entstehung von Ammoniak und dem daraus resultierenden PM2,5 Feinstaub ist in der nachfolgenden Grafik veranschaulicht:

Eine sehr effektive Maßnahme zur Reduktion des Feinstaubs wäre die Verminderung des Fleischkonsums vom österreichischen Durchschnitt mit 65,1 kg auf die empfohlenen 15-31 kg Fleisch pro Kopf und Jahr.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an organisatorischen und technischen Maßnahmen in der Landwirtschaft, die umfassend in der Publikation „Maßnahmen zu sekundären Partikeln aus der Landwirtschaft“ des Umweltbundesamts beschrieben werden. Sie betreffen folgende Bereiche:

  • Stickstoffmanagement unter Beachtung des Stickstoffkreislauf
  • Fütterungsstrategien
  • Stallsysteme
  • Wirtschaftsdüngerlagerung, -ausbringung und -behandlung
  • Nicht-landwirtschaftliche Verwendung von Stallmist

Im anlaufenden EU-Projekt „SaLu_T – Saubere Luft in der Tierproduktion“ wird der Betrieb eines emissionsreduzierten Schweinemaststalls wissenschaftlich begleitet. Im Rahmen des Projekts wird das Einsparpotenzial von Emissionen und Immissionen bei der Schweinemast untersucht, insbesondere von Ammoniakemissionen. Ein wichtiger Schwerpunkt des Vorhabens ist auch die Einbindung von Schweinemastbetrieben und weiteren Stakeholdern. Dies soll zum Abbau bestehender bzw. zur Vermeidung zukünftiger Interessenskonflikte mit TierschützerInnen und AnrainerInnen beitragen. Das gemeinsam mit der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, der ÖGUT und weiteren PartnerInnen ausgearbeitete Projekt läuft im Zeitraum Ende 2017 bis Ende 2020 und wird von Bund, Ländern und Europäischer Union aus Mitteln des ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) unterstützt.

Zur vollständigen Infografik zur sozioökonomischen Analyse der Luftverschmutzung (erstellt von Volkmar Andreeff).

Quellen: